Hallo allerseits,
aufgrund des schier ueberwaeltigenden Echos auf mein urspruengliches Post in
diesem Thread fuehle ich mich dazu verpflichtet, eine Zusammenfassung meiner
inzwischen eingesammelten Informationen zu schicken.
Meine These was die, dass ein Autor von einem dual-lizensierten Projekt fuer
beigesteuerte Patches nur folgende Wahl hat:
1) jeden einzelnen Enwickler ("Contributor") um Erlaubnis zu fragen.
2) nur eigenen Code unter der kommerziellen Lizenz zu vertreiben.
3) nur Patches zu akzeptieren, bei denen der Contributor auf sein Copyright
verzichtet.
Der subitle Punkt den ich uebersehen habe ist der, dass Software eine ganz
besonderer Stoff ist, den man nicht nur beliebig oft kopieren kann, sondern
auch das Copyright darauf weitergeben kann, ohne auf das eigene zu
verzichten. Mehr dazu auf WikiPedia [1].
So macht das z.B. OpenOffice.org [2]. Sun laesst den Contributor ein "Joint
Copyright Assignment" [3] unterzeichnen, in welchem er erklaert, das
Copyright am beigesteuerten Code zu halten und es mit Sun zu teilen
("shared copyright").
Die Politik von MySQL is die, den groessten Teil der Software firmenintern zu
schreiben, freut sich natuerlich aber auch ueber kostenlose externe
Mitarbeit. Die Informationen dazu findet der potenzielle Contributor auf [4].
Im "MySQL Contributor License Agreement" [5] muss ein Contributor sein
Copyright vollstaendig abgeben, und erhaelt von MySQL eine "broad licence"
auf die eigene Arbeit zurueck. Sollte der beigesteuerte Code durch ein Patent
des Contributors geschuetzt sein, muss er eine Lizenz an dem Patent an MySQL
abgeben.
Die Mozilla Public License [6], soweit ich sie verstanden habe [7], sieht
keine Uebertragung des Copyrights auf eine Firma vor. Sie erlaubt, MPL-code
mit proprietaeren/closed-source Code zu mixen, solande MPL-Code unter der MPL
und somit quelloffen bleibt, verlangt aber nicht die Veroeffentlichung von
dazugelinktem Fremdcode (vgl. "viraler Effekt der GPL"). (Modifizierte)
Binaries koennen von jedem geschnuert und verteilt werden, sofern obigen
Punkten genuege getragen wird.
Die Lizenzen spiegeln sehr genau wieder wie weit die jeweilige Firma die
Kontrolle der SW-Entwicklung aus der Hand geben will. Bei MySQL hat man
anscheinend keinen uebermaessig grossen Bedarf an externen Beitragen, die
Zugestaendnisse an Contributoren fallen demensprechend relativ gering aus. Die
Firma sichert sich aber einen Grossteil der Rechte am beigetragenen Codes.
OpenOffice.org und Mozilla (ueber)leben durch die Entwicklergemeinde,
dementsprechend sind die Zugestaendnisse an Contributoren groesser. Netscape
(wer auch immer das heute sei) kann den Code mit eigenem Code mixen und ein
binaeres Paket liefern, aber das gleiche kann jede andere Firma machen, wenn
sie will. Sun hingegen haelt, mit den jeweiligen Contributoren, das Copyright
am Code, wobei sie in der einzigartigen Situation ist, ein umfassendes Recht
am volen Code zu halten und deshalb als einzige in der Lage ist, diesen
beliebig weiter zu lizenzieren.
Ich hoffe dieser kurze Ausflug in die wunderbare Welt der Softwarelizenzen hat
euch genau so viel Spass gemacht wie mir
Thomas
[1] http://en.wikipedia.org/wiki/Dual-licensing
[2] http://www.openoffice.org/FAQs/faq-licensing.html#5
[3] http://www.openoffice.org/licenses/jca.pdf
[4] http://forge.mysql.com/contribute/
[5] http://forge.mysql.com/wiki/MySQL_Contributor_License_Agreement
[6] http://www.mozilla.org/MPL/
[7] http://homepages.borland.com/jedi/jvcl/Licensing.htm
PS:
Der Grund dass ich mir vorerst keine Informationen finden konnte war der, dass
ich nach "double licensing" und nicht nach "dual licensing" gegoogelt habe...
PPS:
Interessant, dass die GPL sowohl eine Freie Software ermoeglicht, es aber
gleichzeitig einer Partei eine Art Monopol auf die Doppel-Lizensierung
erlaubt. Eine sehr interessante win-win Situation!